Ein Besucher kam über Google zu dieser Seite mit der Frage: “Wie oft darf ein Maßnahmeträger an mir verdienen?”
Das ist die, mit aller Vorsicht gesagt, wahrscheinlichste Frage für einen Arbeitslosen, der nicht gewillt ist, sein Leben nachhaltig zu ändern und dafür die Schuld bei Anderen sucht. Ich höre sie öfter als einmal im Monat. Ich will dazu etwas erklären, was die angesprochenen Maßnahmen sind und wie man dort hinein kommt.
Die Agentur für Arbeit hat Arbeitslose, die sich schlecht oder wahrscheinlich schlecht vermitteln lassen. Die Ursachen sind vielfältig, liegen zu gleichen Anteilen an den Ansprüchen der Arbeitgeber und der arbeitslosen Personen. Mangelnde Qualifikation, falsche Qualifikation, mangelnde Mobilität, falscher Stundenlohn im Kopf, fehlende Berufswahl, fehlende Informationen über den Arbeitsmarkt, falsche Einstellung zur Arbeit, mangelhafte Bewerbungsunterlagen, gruselige Anschreiben und viel Gründe mehr, können auf der Seite betroffener Personen den Ausschlag dafür geben, dass sie keinen Arbeitsplatz bekommen.
Aufgrund der desolaten und zum Teil gesetzlich gewollten Personalsituation in den Arbeitsagenturen und JobCentern (ARGE), kann kein Vermittler auch nur den Hauch einer Aufbauarbeit leisten, die nötig wäre, um Vermittlungshemmnisse zu erkennen und zu beseitigen. Also werden solche “Arbeitsmarktdienstleistungen” bei der Agentur für Arbeit öffentlich ausgeschrieben. Das ist inzwischen weitgehend sogar EU-Recht und damit Pflicht. Eine Vergabe von Aufträgen “einfach so” ist nicht, bzw. nur unter sehr erschwerten Bedingungen, erlaubt.
Auf eine solche Ausschreibung bewerben sich die sogenannten Maßnahmeträger. Das sind überwiegend etablierte Bildungsinstitute, die sich mit dem Personaleinsatz für Schulungen und mit dem besonderen Klientel befassen dürfen und können. Nicht jeder Mensch kann sich für die Ausschreibungen bewerben, es braucht dazu Referenzen.
Die Agentur erklärt in der Ausschreibung die Eckdaten der geplanten Maßnahme. So zum Beispiel im Krefelder Stadtgebiet zur Eingliederung von 60 Personen im Alter 50+ mit einer Erfolgsquote von 9 vermittelten Teilnehmern im Laufe eines Jahres. Die Verwaltungspauschale, die von der Agentur für diese (nebenbei völlig frei erfundene, aber so mögliche) Maßnahme beträgt 1.400 € pro Teilnehmer, also insgesamt 84.000 €. Das entspricht einem Betrag von 7.000 € monatlich. Allerdings muss davon das vorgeschrieben Personal von 1,5 Pädagogen und 1 JobCoach bezahlt werden. Ebenso natürlich die Miete, der Strom, Heizung, Wasser und so weiter. Die räumlichen Anforderungen und Ausstattungen sind in der Ausschreibung ebenfalls vorgegeben. Die Erfüllung der Vorgaben wird kontrolliert und ein Verstoß dagegen ist strafbewehrt.
Wird ein Teilnehmer vermittelt, und hier liegt der ganze Zauber des Verdienens, erhält der Träger abgestuft nach Dauer des Arbeitsverhältnisses eine Vermittlungsprämie, wenn er Glück hat. Diese kann bis zu 3.500 € betragen, oft jedoch ist sie nicht höher als die für einen kurzfristig vermittelten Arbeitslosen, also 1.000 €.
Beim Gebot für die Ausschreibung kalkuliert nun ein bietender Maßnahmeträger seinen Gebotspreis, für den er diese Maßnahme durchführen würde. Dabei berücksichtigt er selbstverständlich seine wirtschaftlichen Belange, denn dazu ist er in den meisten Fällen verpflichtet. Die Bietenden wissen nicht, was Mitbietende als Preis genannt haben. So gewinnt (bekommt den Zuschlag) der Maßnahmeträger, der den geringsten Gebotspreis genannt hat. Im schlechtesten Falle gewinnt ein Maßnahmeträger, der die Maßnahme allein aus wirtschaftlichen Gründen nicht durchführen kann und darauf hofft, nicht allzu oft kontrolliert zu werden.
Die Arbeitslosen werden vom Arbeitsberater dieser Maßnahme zugewiesen. Sie haben ein Widerspruchsrecht, das jedoch oft an der Wut des Betroffenen, der mangelnden Information des Arbeitsberaters und dem mangelndem Veränderungswillen scheitert. Ich habe es sehr häufig erlebt, dass der Sinn z.B. eines Coachings den Teilnehmern erst nach vielen Gesprächen mit mir deutlich wurde und sie sich auf die Maßnahme eingelassen haben. Oft dann allerdings auch mit Erfolg!
Ein Maßnahmeträger verdient also an einem zugewiesen Arbeitslosen zunächst relativ wenig. Je nach Vertrag mit der Agentur gibt es eine Vermittlungsprämie oder nicht. In der Maßnahme, in der ich gerade tätig bin, gibt es keine Prämie für Vermittlungen. Trotzdem liegen wir mit unserem Erfolg deutlich über dem, was insgeheim erwartet wurde. Weil wir es als unsere Aufgabe ansehen, so zu arbeiten.
Natürlich führen fast alle Maßnahmeträger alle Arten von Maßnahmen durch. So gibt es reine Bewerbungstrainings, Coachings für verschiedene Alters-, Berufs- und Personengruppen, Aktivierungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose, Maßnahmen mit 1-Euro-Job, Maßnahmen zur Berufsvorbereitung, zur persönlichen Vorbereitung auf das Berufsleben, zur Wiedereingliederung nach Kinderzeit, für Schwervermittelbare, für die Rehabilitation und so weiter und so weiter.
Im schlimmsten Falle kommt ein junger Mensch erst in eine Maßnahme zur Vorbereitung auf das Berufsleben, dann in eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme, anschließend in eine schulische Ausbildung, die von der Agentur für Arbeit gefördert wird. Ein ältere Mensch kann durchaus nach einer Langzeitarbeitslosigkeit zunächst in eine Aktivierungsmaßnahme eingebucht werden, um anschließend in eine Maßnahme zur Vermittlung zu kommen. Das kann beim gleichen Maßnahmeträger sein, muss es aber nicht, wenn die entsprechenden Maßnahmen von einem anderen Träger gewonnen wurden.
Die Geschäftsgebahren der Maßnahmeträger haben in den letzten Jahren das Lohngefüge der eingesetzen Mitarbeiter erschüttert. So arbeiten inzwischen studierte Pädagogen für ein Brutto von 1.800 bis 2.200 Euro monatlich in Vollzeit bei den Bildungsträgern. Auch Ausbilder, Meister, Betriebswirte und so weiter, arbeiten für den gleichen Lohn. Allerdings muss hier eingeschränkt werden, dass aufgrund des Dumpings in den Ausschreibungen und den sinkenden Pauschalen der Arbeitsagentur ein wirtschaftliches Arbeiten sehr schwierig wird. Darum bewerben sich auch im Grunde nur noch Bildungsträger für Maßnahmen, die ein gewisses Grundmaß an Räumen und Personal vorhalten können.
Würden meine Leser und ich eine solche Ausschreibung gewinnen und korrekt durchführen wollen, bekämen wir spätestens im dritten Monat ernste Zahlungsschwierigkeiten. Denn mögliche Prämien werden um viele Wochen verzögert ausgezahlt. Und nun stelle man sich vor, wie es wäre, ein ganzes Jahr eine Etage eines Geschäftshauses mitsamt PC-Räumen, Personal und Material vorzufinanzieren. Das ist kaum jemandem möglich.
Um auf die Anfangsfrage zu kommen, wie oft ein Maßnahmeträger am einzelnen Arbeitslosen verdienen darf, kann einfach geantwortet werden: “So oft es das Gesetz zulässt.” Und ich kann dazu nur den Rat geben, sich auf die Maßnahme einzulassen und alles zu nutzen, was angeboten wird, um die Arbeitslosigkeit zu beenden. Es sei denn, man hat die Einstellung, dass Arbeitslosigkeit besser ist, als ein geregelter Arbeitsplatz. Dann sollte man den Platz räumen und ihn jemandem überlassen, der ihn nutzen und etwas für sich erreichen will.
Wenn ich mich als Teilnehmer falsch in einer Maßnahme zugewiesen fühle, dann spreche ich mit meinem dortigen Berater und anschließend mit meinem Arbeitsberater bei der Agentur. Ich bringe Argumente vor und mache Vorschläge, was für mich geeigneter wäre. Wer das im ordentlichen Tone macht, der wird überrascht sein, was manchmal noch möglich wird. Wie immer macht der Ton die Musik. Auch wenn ich die meisten Leute im Amt nicht leiden kann, so bleibe ich sachlich, höflich und konsequent.
Aber das ist ein anderes Thema.