Ich habe vor geraumer Zeit einen Balkonkasten vor eines meiner Fenster gestellt. Von draußen, obwohl ich keinen Balkon habe. Aber Sonne dort, wenn sie denn scheint.
In diesen Balkonkasten habe ich ganz heimlich Zimmerpflanzenerde eingefüllt, damit niemand da draußen merkt, dass die Erde nur für Zimmerpflanzen und nicht für Draußenpflanzen gekennzeichnet war. Die sieben Primeln, die ich dort eingepflanzt habe, haben jedenfalls auch bis heute nichts davon gemerkt, dass sie verarscht werden, was die Erde angeht.
Nun blühten sie bislang recht hübsch, strengten sich gebührend an, mir ein Freude mit ihrem Anblick zu bereiten und strebten immer brav gen Sonnenlicht. Bis auf eine der Pflanzen.
Die hatte ich ohnehin nur aus Mitleid aus dem Baumarkt mitgenommen, sie war sozusagen die Quotenpflanze für das Krepeldasein. Bevor mir irgendeine meiner Lieblingsprimeln verrotten würde, würde eben diese ohnehin recht mickelige Pflanze dahinsiechen und den Job übernehmen. Sie machte das auch anständig, war die 59 Cent, ob ihrer Bemühungen zu überleben, wert. Und sie legte heute früh ihr müdes und letztes Blütenhaupt danieder, um zu versterben. Ich grübelte, ob der Lücke im Balkonkasten, ob denn schon Geranienpflanzzeit sei.
Jedenfalls erklärten sich zu meinem Erstaunen alle anderen, früh am morgen noch glücklich sprießenden, Primeln am Nachmittag mit der Leiche solidarisch und legten alle zwölf bis vierundzwanzig Blüten und Blätter platt auf den Boden. Das ärgerte mich mehr, als dass es mich verblüffte. Also goss ich sie mit gut 10 Litern Wasser in den Himmel und siehe da, sie waren am Abend wieder wie neu. Bis auf die ohnehin Verstorbene. Die weigerte sich, auch nur einen Tropfen des köstlichen und teuren Nasses in sich aufzunehmen.
Zur Strafe lasse ich sie noch eine Weile zwischen den Anderen liegen, damit die sich anstrengen. Schließlich beginnt erst im kommenden Monat die Geranienzeit. Und so besitze ich nun einen Balkonkasten, der mit illegaler Erde befüllt ist und sechs Primeln plus einer Leiche beherbergt. Einer Primula Exitus Letalis. 🙂