Deutschland liegt im ARGEn

Ein großer Arbeitgeber gewinnt eine Ausschreibung und ist gezwungen, innerhalb eines Jahres 400 Arbeitsplätze zu schaffen. Er hat eine Akademie, die von der Bundesagentur für Arbeit als förderungswürdiger Maßnahmeträger anerkannt ist. Seine Maßnahmen werden regelmäßig von der Bundesagentur genehmigt und die Teilnahme an den Lehrgängen dieser Akademie wird Arbeitslosen im Rahmen eines Bildungsgutscheins bezahlt. Die Teilnehmer an einer solchen Maßnahme werden zu 99 Prozent vom Arbeitgeber eingestellt, wenn sie die Prüfung bestehen.

Nun also hat dieser Arbeitgeber das Problem, möglichst schnell möglichst viele Arbeitsplätze zu besetzen. Er wendet sich an die zuständigen Agenturen für Arbeit und still ruht der See. Er inseriert selbst und kann gut 50 dieser 400 Stellen besetzen. Allerdings will der Ausschreibungsgeber eine volle Besetzung sehen. Diese Not erkennt ein privater Arbeitvermittler und startet eine beispielhafte Aktion. Es wird bundesweit inseriert, Partnervermittlungen werden aktiviert und so kommen im ersten Anlauf rund 90 Personen als Bewerber in einer ersten Infoveranstaltung zusammen.

Der Arbeitgeber trifft seine Auswahl und es kommen 71 Bewerber in die engere Auswahl. Diese bringen den erforderlichen Vermittlungsgutschein bei und beantragen bei der zuständigen ARGE den Bildungsgutschein für die Qualifikation an der Akademie.

Eigentlich ein Selbstläufer, denn die Maßnahmen sind anerkannt und werden wegen der hohen Einstellungsquote auch gern gefördert.

Doch aufgrund der plötzlich hohen Anfragezahl blockieren die Sachbearbeitungen der ARGEn, fürchten um ihre Haushalte und verweigern sowohl Vermittlungsgutscheine, als auch Bildungsgutscheine. Schikanen wie "psychologische Eignungsgutachten", "vorrangige Qualifizierungsmaßnahmen", sowie pauschale unbegründete Ablehnungen häufen sich.

Da es sich um Arbeitsplätze handelt, die zwar von jedem unbescholtenen und gesunden Menschen zwischen 18 und 50 ausgeübt werden können, jedoch einer Qualifikation an der Akademie bedürfen, droht nun der arbeitsmarktpolitische GAU (Größter anzunehmender Unfall). Es stehen 400 Arbeitsplätze auf dem Spiel und der wirtschaftliche Totalschaden eines großen Unternehmens.

Einzig darum, weil einige Kleinkrämerseelen in den ARGEn das Gesetz und die Geschäftsanweisungen plötzlich anders auslegen, als sie es noch vor einem Monat taten.

Anstatt das gemeinsame Ziel, nämlich die Schaffung von Langzeit-Arbeitsplätzen, die Qualifikation Ungelernter und den Abbau der Arbeitslosigkeit anzustreben, beherrschen Neid und Machtgier das Denken der Behördenmitarbeiter. Die wenigen Perlen, die wenigen denkenden und menschlich handelnden Mitarbeiter versinken in diesem Sumpf der Gemeinheiten.

Ich wünsche mir, daß jemand diesen Kampf bis ganz nach oben ficht und gewinnt. Und ich wünsche mir ein Amnesty International für Arbeitslose in den ARGEn. Jeden Tag warte ich auf den Amoklauf in einer solchen Behörde. Doch wahrscheinlich fehlt den Betroffenen schon die Kraft dazu.

Als Nachtrag ein P.S.:

Der Stundenlohn hätte dafür gesorgt, daß auch Familienernährer aus dem ergänzenden Arbeitslosengeld II herausgeholfen wäre.

Dazu eine fiktive Vergleichsberechnung:

Kosten der Ausbildung mit Bildungsgutschein = 1.300 Euro
Vermittlungsgutschein = 2.000 Euro
Investition = 3.300 Euro

Gemessen an einem Ledigen mit AlgII

Grundbedarf = 351 Euro
Angemessene Miete plus Nebenkosten = 350 Euro
Monatliche Leistung insgesamt = 701 Euro

Vertragslaufzeit mindestens 12 Monate, danach unbefristet

Kosten der Arbeitslosigkeit = 12 x 701 Euro = 8412 Euro
Kosten der Vermittlung = 3.300 Euro
Gewinn durch Vermittlung = 5.112 Euro

Da es sich hier nur um ein Beispiel bei einem Ledigen handelt und das Arbeitslosengeld I erheblich höher ist, ergibt sich hier nur ein unterer Wert. Rechnen wir den Gewinn mal 400 Arbeitslose, würde sich im ersten Jahr eine Ersparnis von insgesamt 2.044.800 Euro ergeben. Bei einer angenommenen Laufzeit von 7 Jahren wären das insgesamt mindestens 14,3 Millionen Euro Ersparnis.

Doch das wäre wirtschaftlich gedacht. Und welcher Sachbearbeiter einer ARGE macht sich schon solche Gedanken, wenn er von einem Arbeitslosen bei seiner anstrengenden Arbeit gestört wird.

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