Die lateinische Kuh vom Eis

Mein Kind hatte sich, nach reiflichen Überlegungen zur beruflichen Zukunft, bei Eintritt ins Gymnasium für die zweite Fremdsprache Latein entschieden. Das ging auch in den ersten beiden Jahren recht gut. Dann gab es irgendwie einen Leistungsknick und trotz nunmehr aufsteigender Zensuren blieb das Fach Latein hinten liegen.

Aufgrund des Wissensrückstands gibt es nun eine Lustlosigkeit beim Lernen und das wiederum ergibt Rückstände. Ein Teufelskreis, der nur noch mit unbedingtem Fleiß aufzuholen ist. In Gesprächen mit der Klassenlehrerin haben wir den gemeinsamen Kurs festgelegt und es schien bis vor ein paar Tagen, daß nun der Unterricht normal abläuft, lediglich "der häusliche Fleiß sehr zu wünschen übrig lässt". Zum Lernen prügeln kann und werde ich sie nicht. Ein Wechsel der Fremdsprache ist nicht mehr möglich und auch nicht zulässig.

Da sie ansonsten eine gute bis befriedigende Schülerin ist und lediglich akute Lustlosigkeit sie am Lernen hemmt, gilt es mit allen Tricks die Lust am Latein zu fördern oder zu wecken. Lateinische Comics haben nicht gewirkt. Asterix ebenfalls nicht. Versprechungen und Drohungen verpuffen, sie sitzt es einfach aus.

Nun gab es bei meinem allerliebsten Alt-Softwarehändler endlich einemal Lernprogramme für Latein für lockere 4,90 Euro. Skeptisch war ich ja, da ich schon Lernprogramme hatte, die für die Mülltonne waren und eher verdummen und verzweifeln lassen, als einen Nutzen zu bringen. Doch was soll ich sagen, das Kind sitzt an den Lektionen und bemerkte, wie wenig sie eigentlich kann. Das war schon doof.

Dann allerdings ging sie die Lektionen nach Aufforderung durch die Software erneut durch und da kam ihr das Gedächtnis zur Hilfe und plötzlich gab es zu hundert Prozent grün. Der Strahlemax kam durch. Ich mußte bremsen, nicht zuviel zu machen. Ganz offensichtlich hat da jemand bei der Herstellung nachgedacht und es scheint zu funktionieren.

Also ist nun geregelt, daß beide Trainer (je einmal Vokabeln und Grammatik) vor der Computerzeit genutzt werden. Erst grünes Licht abholen, dann die Computerstunde nutzen. Und das grüne Licht will ich sehen, damit es kein Schummeln gibt.

Ich hatte den gleichen Erfolg mit Lernsoftware schon einmal bei Mathe. Das hatte einen fiesen Knoten gelöst und insofern habe ich nun die Hoffnung, daß es auch bei Latein klappt. Es gilt also, die Lust am PC und die Freude über die Erfolge miteinander zu verbinden. Ein einfaches und altbekanntes Prinzip, verbunden mit dem Belohnungsprinzip. Nun mögen sich einige Eltern wundern, warum ich nicht brav die Hausaufgaben mit dem Kinde zusammen mache, wie ja viele Eltern (und hier insbesondere Mütter) es jeden Tag machen. Ganz einfach, es sind die Hausaufgaben des Kindes, welches die in der Schule erlernten Dinge noch selbständig vertiefen soll. Die Hausaufgaben sind schon immer selbständige Arbeiten gewesen und es hilft einem Kinde wenig, wenn Eltern sich zuhause dann als Lehrer aufspielen und die Aufgaben lösen oder auf den Weg bringen. Ich antworte auf konkrete Fragen und bringe sie dann in die grobe Richtung der Lösungsfindung. Doch niemals setze ich mich mit meinem Kinde hin und "mache" mit ihr Hausaufgaben.

Ganz abgesehen vom selbständigen Lernen und Nachfragen in der Schule, wenn etwas nicht verstanden wurde, erspare ich uns eine Menge Streß und Frust.

Wir arbeiten also daran, die lateinische Kuh vom Eis zu kriegen. Und den Löwenanteil daran wird das Kind übernehmen müssen. Es ist ganz einfach ihre Aufgabe, ihre Arbeit und später auch ihr Verdienst. Vielleicht im wahrsten Sinne des Wortes.

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