Und da war dann noch die Sache mit dem Mobil-Klo. diese Sorte, die den Namen von Country-Musik trägt. Landfunk sozusagen. Das mir anvertraute Weib ist ständig müssend. Wenn wir Sonntags mal auf die Reise irgendwohin gehen wollen, habe ich vorher stundenlang nach Toilettenhäuschen und offenen Restaurants recherchiert. Wir hangeln uns sozusagen von Klo zu Klo.
Ich kenne alle Klos von hier bis München. Von außen. Ich muß ja nie. Aber Madam. Hunderte von Fahrtunterbrechungen wegen Müssens sind mir noch gut in Erinnerung. Bis zu diesem denkwürdigen Tag, als neben der Bushalte der 608 die Baustelle eingerichtet ist. Eine Baustelle mit Klo. Und Frau muß mal. Obwohl wir grad vom letzten Klo 10 Minuten Fußweg entfernt sind. Offenbar geht es Frau so, wie mir, wenn es im Wald regnet. Dann muß nämlich ICH zwanghaft pinkeln. Wie ein Hund. Vielleicht war ich im früheren Leben mal einer. Mit mehr Durst als Blasenraum.
Frau geht also zwischen die Baustellenzäune und verschwindet im Countrymusik-Klohäuschen. Oder war es Jazzmusik? Die Geräusche von drinnen deuten eher auf Rockmusik. Es scheint also diesmal ernst zu sein. Der Bus kommt. Und es ist Sonntag. Somit kommt der nächste Bus erst in einer Stunde.
"Halt stille, der Bus kommt" gebe ich Anweisungen durch die Plastiktür und bemerke erst heute das erste Mal, wie leicht die Klos eigentlich sind. Und die Frau drinnen. Ich wuppe also Klo und Frau in die 608. Durch die hintere Türe. für Rollstühle und Kinderwagen. Und nun auch für Klos mit Frau drin.
Ich löse vorn beim Fahrer die Fahrkarten. Für die unsichtbare Frau, für mich und das Klo. Als Gepäckstück zahlt es den gleichen Preis wie Hunde und Kinder. 1,20 Euro.
Frau ist fertig und meckert, daß Wasser fehlt. Fünf Stationen weiter steigt ein Paar ein. Offenbar auf Sonntagsfahrt, denn ihr gehetzter Blick fällt nahezu magisch gebannt auf das am Kinderwagenhalteplatz parkende Klohäuschen mit dem Namen wie Jazzmusik oder so. "Ein Klo" kreischt sie erfreut und rennt schnellen Schrittes draufzu, während der Bus wieder anfährt.
"50 Cent" ist die prompte Antwort der Frau an meiner Seite. Das bewundere ich so an ihr. Nie auf den Mund gefallen und eine immer kapitalistisch gut durchdachte Lebensführung. Der Mann bezahlt, die Frau geht pinkeln. Und wir haben bis zur Endstation 64,75 Euro eingenommen. Weil wir gnadenvoll ein kleines Mädchen für 25 Cent haben pieseln lassen.
Inzwischen riecht es schon etwas angestrengt im Bus und an der Endstation kicke ich das Klo aus dem Bus. Frau sucht derweil das nächste Gebüsch auf und ich blicke mich um. Lauter Baustellen. Mit Country-Jazz-Musiknamen-Klos.
Seit mehr als sechs Jahren sind wir nun selbständig. Sicherlich gab es eine Weile in der Zeitung eine Welle der Entrüstung zu lesen, daß überall entlang der Buslinien volle Klohäuschen stehen würden. Dafür hat niemand den Zusammenhang mit den fehlenden Baustellen-Klos hergestellt. Der Artikel stand ja auch drei Seiten weiter hinten. Ich wollte schon einen Leserbrief schreiben und darin den Bauarbeitern den Tipp geben, doch mal Bus zu fahren, wenn sie müssen. Aber die Frau an meiner Seite meinte, ich solle mich mal lieber bedeckt halten. Könnte ja sein, daß die irgendwann was merken.
Die Verkehrbetriebe haben jedenfalls was gemerkt. Sie haben aufgrund der Steigerung des Fahrkomforts die Preise erhöht.
(c) CeKaDo 2006