Über die Sicherheit in Behörden

Was fehlt, ist die grundsätzliche Wertschätzung

Ich verfolge die Meinungen und Stellungnahmen zum erfolgten Totschlag an der Angestellten des Jobcenters in Neuss. Vorab möchte ich ganz klar sagen, dass selbstverständlich auch in meinen Augen eine Tötung keine Lösung ist. Und ich will auch vorab schicken, dass ich mich wundere, dass nicht noch mehr Tötungsdelikte in Arbeitsämtern, ARGEn und Rathäusern stattfinden. Da können wir von viel Glück sprechen, dass es in Deutschland weniger Waffenträger gibt als in den USA.

Trotzdem habe ich am eigenen Leibe und immer wieder als Zuschauer erlebt, wie sich Aggressionen in den Ämtern entzünden. Und ich habe erlebt, mit welcher Geringschätzung Mitarbeiter der Behörden mit ihren Kunden umgehen.

Da wird momentan über mehr Sicherheit in Ämtern gesprochen und den Sinn von Deeskalationstrainings für Bedienstete der Behörden mit Kundenkontakt. Das ist in meinen Augen der falsche Ansatz und völliger Unsinn. Da wird das Übel nicht an Wurzel gepackt, sondern wieder einmal nur die Symptome behandelt.

Solange der Kunde, der in letzter Konsequenz überhaupt die Existenzberechtigung des Mitarbeiters ist, wie Dreck und als Störer behandelt wird, kann kein Training und kein Sicherheitsmann vor der Tür vermeiden, dass es zu Eskalationen wie dieser kommt. Es muss sich vielmehr grundsätzlich etwas an der Einstellung von Amtsträgern gegenüber ihren Kunden ändern. Niemand hat das Recht, einem Familienvater, der wegen irgendwelcher Umstände kein Geld auf seinem Konto vorgefunden hat, von oben herab zu begegnen. Niemand hat das Recht, diesen Menschen und sein Problem nicht anzunehmen und hat als seine verdammte Pflicht und Schuldigkeit zu sehen, diesem Menschen zu helfen und es ihm auch zu zeigen. Ebenso darf niemals ein Mitarbeiter vergessen, dass ein Bedürftiger, Ratsuchender oder Antragsteller mit seinem derzeit größten Problem um Lösung bittet. Und hier muss angesetzt werden, der Mitarbeiter einer Behörde soll zu jeder Zeit das Problem des Bürgers zu seinem eigenen Problem machen und den Menschen, der ihm gegenüber steht ernst nehmen! Das ist sogar seine gesetzliche Pflicht, man möge gern zum Beispiel im Sozialgesetzbuch darüber nachlesen.

Solange sich das nicht ändert, ist jede Diskussion ebenso fehl am Platze, wie die Mitarbeiter in Behörden, die das nicht beherzigen. Gerade in den Arbeitsämter und ARGEn geht es um die Existenz der Bürger. Wer hier mit Arroganz und seiner Lust an der Macht, oder auch nur mit Gleichgültigkeit agiert, gehört dringlichst geschult oder entlassen. Erst wenn Wertschätzung und Einfühlungsvermögen in die Ämter eingezogen sind, wird es keine Gefahr mehr geben.

Meines Erachtens sollten ab sofort psychologische Eignungstests zum Einstellungskriterium bei den Jobcentern gehören. Auch die dort übliche Praxis, die Mitarbeiter nur mit Jahresverträgen einzustellen und in den unteren Vergütungsgruppen zu bezahlen, darf nicht die von oben vorgelebte Geringschätzung des menschlichen Lebens nach unten durchschlagen lassen. Das ganze System ist krank und völlig unzureichend ausgebildet. Es ist ein Zeichen dafür, wie wenig Menschlichkeit und personale Kompetenz noch bewertet werden. Und genau das muss geändert werden, wenn es nicht noch mehr Tote geben soll.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert