Gewohnt, gelebt und soviel mehr

"Mit 18 stehen Deine Koffer vor der Tür!"

Das waren immer wieder die Worte meines Vaters, bevor meine Volljährigkeit in der elterlichen Wohnung in Hannovers schlimmen Stadtteil Wahrheit wurde. Nun, im Dezember wurde ich 18 und Anfang Januar verstarb die nette alte Dame im 8-Parteien-Miethaus unter uns. Die Erben hatten wenig Interesse an der Wohnung und deren Inhalt und meine Großeltern in ihrer Eigenschaft als Hausmeister-Ehepaar machten die Wohnung kompletten Inhaltes für mich klar. Die erben der Dame verzichteten auf die Möbel und meine Großeltern auf die Renovierung. Und ich zog Ende Januar 1978 in meine erste Wohnung ein. Mit zarten 18 Jahren war ich altertümlich voll möbliert und lebte auf 4 Zimmern, Küche, Toilette halbe Treppe tiefer für 180 DM kalt im Monat und mit Ofenheizung. Mein Ausbildungslohn betrug damals 409 DM monatlich und so blieb nicht viel übrig. Doch ich war glücklich!

Neue Stromleitungen wurden vom Opa und Vater gelegt und die 1.000 DM Kosten hatte ich per Kredit finanziert. Daß mein Vater mich damals mit "abgestaubtem" Material seiner Arbeitsstelle betrügen würde, hätte ich damals nie gedacht. Aber Alkohol wollte finanziert werden und so habe ich ungewollt einen Beitrag dazu gegeben, daß er später in die Entziehungskur mußte.

1980 lernte ich meine erste Freundin kennen und zog 1981 zu ihr in eine Komfortwohnung in Schneverdingen, mitten in der Lüneburger Heide. Alle Brücken habe ich hinter mir abgebrochen und einen neuen Start zwischen Lehrerkollegen meiner Freundin und meinen neuen Kameraden vom Roten Kreuz gewagt. Lange hielt es nicht, denn irgendwie war das Zusammenleben nciht so toll, wie ich es mir romantisch verklärt, vorgestellt hatte. Ich zog aus und bewohnte dann eine winzige 1,5 Zimmer-Wohnung im Obergeschoß eines verrotteten Scheidungshauses, dessen Untergeschoß leer bleiben mußte, weil sich das geschiedene Ehepaar nicht einig wurde.

Ich wurde zum Spielball eines Rechtsstreits und bekam immer wieder unangemeldeten Besuch vom Vermieter, dessen Exfrau und deren cholerischem Ehemann. Ich wurde arbeitslos und lernte 1983 meine zweite Freundin kennen. Ich wechselte die Autos, den Verein innerhalb des DRK und die Jobs. Meine Freundin und ich zogen in Soltau in einer Scheunenwohnung zusammen und ein Jahr später brannte sie mit einem Kollegen von mir durch.

Meine 2-Zimmerwohnung mit Bad und ebenerdig war niedlich, gefiel mir gut, nur die Vermieterin war mir immer wieder dicht auf den Fersen, um zu schauen, was denn so ein junger Mann immer so trieb. Ihr Sohn, Beamter im Bauamt, stellte mir mit abstrusen Forderungen nach Renovierungen nach und spielte sich als bestimmender künftiger Erbe auf.

Dennoch zog ich mit der nächsten Freundin und zukünftigen Frau ins Haupthaus über die Vermieterin ein. 4 Zimmer, Küche und Bad, doch mit einer Armee von Flöhen in den Dielenbrettern. Ein halbes Jahr blieb ich dort und dann zogen wir nach Walsrode.

Auch dort wieder 4 Zimmer und einen theoretischen Gartenanteil, der jedoch aufgrund der riesigen Hunde der Parterremieter nicht genutzt werden konnte. Meine Frau stritt sich mit den Leuten unter uns, der Vermieter tauchte an den Wochenenden auf, um uns Belehrungen von biologischen Reinigungsmitteln zu verpassen und ich kam mit der Frau nicht mehr klar. Mein Sohn wurde geboren und die Ehe endete in einer Sackgasse.

Ich zog aus und in Richtung Arbeitsstätte nach Soltau. Ein desolates Haus von 17hundertschießmichtot begann ich zu renovieren und wahrend dessen lernte ich meine spätere zweite Frau kennen, die kurzerhand ihre Ehe ebenfalls für gescheitert erklärte und mit ihrer Tochter ins Haus einzog.

Als dieses Haus dann wegen Eigenbedarfs von der Vermieterin selbst genutzt werden sollte, zogen wir ins Haus meiner zukünftigen Schwiegermutter in Dorfmark. Wir heirateten, bauten einen Teil des Hauses nach unseren Wünschen zurecht und unsere Tochter wurde geboren. Die Ehe war schon zu dieser Zeit sehr wackelig und anstrengend, aber gleichermaßen auch mein Job und ich war zu feige, zu dumm oder was auch immer, um wieder allein sein zu wollen.

Die Wohnsituation miteinander im Haus der Schwiegermutter wurde unerträglich, es gab keine Intimsphäre mehr. Nichts war in sich abgeschlossen und Respekt war ein Fremdwort. Es bot sich über einen ehemaligen Kollegen am neuen Arbeitsplatz ein Resthof in Westenholz, einem dörflichen Stadtteil von Walsrode. 3.000 Quadratmeter Grundstück, 150 Quadratmeter Wohnfläche mit Ofenheizung, eine ebensolche Fläche an Diele und die Verpflichtung, ein Bad zu bauen und Strom zu erneuern. Das gab es dann für 500 DM Miete monatlich. Ein chaotisches Paradies, das ich heute noch gern wieder hätte. Allerdings ohne jene Frau 🙂

Das Objekt ewig renoviert und die Ehe gescheitert, aber immer wieder aufleben lassen. Ein dauerndes Hoch und Runter und dann nach 5 Jahren der Eigenbedarf der Vermieter, das Haus sollte verkauft werden. Also bauten wir in Dorfmark ein eigenes Haus. Haus gebaut, eingerichtet, Ehe kaputt und diesmal bin ich ausgezogen. Endgültig und nicht nur vorübergehend. Ich blieb im Dorf, in einer riesigen 120 Quadratmeterwohnung über meinem Laden. Einbauküche, zwei Bäder und über zwei Etagen verteilt. Der pure Luxus für mich und mein Kind, doch bitter nötig für den ganzen Krempel aus dem Laden, den ich dann einige Monate später, Anfang 2003, aufgab.

Eine kurze und heftige Beziehung ging und endete, die Wohnung blieb. Irgendwann wollte ich weg. Raus aus der Gegend, weg von all den scheinbaren Freunden und der Nähe der bald geschiedenen Frau. Alles wirkte so dicht und nahe. Die Wohnung lag idyllisch an einem Dorflüsschen und vom Grundstück aus konnte man direkt über einen Steg in den Fluss einsteigen. Ich war der einzige Mieter, der den Rasen mähte und nachdem auch die zweite Nebenkostenabrechnung des Vermieters voller Fehler zu seinen Gunsten war, wurde ich ärgerlich. Zufällig habe ich dann irgendwann entdeckt, daß mein Stromzähler auch dann lief, wenn ich keine Elektrogeräte am Laufen hielt. Eine Rücksprache mit dem Vermieter ergab das erwartete und entrüstete Verhalten und die Kosten eines Elektrikereinsatzes waren mir zu hoch. Doch der dörfliche Elektriker gab mir den heißen Tipp mit den Stadtwerken und so ließ ich die nächsten drei Raten der Stromabschläge an die Stadtwerke "ausfallen". Die Folgen waren verheerend. Der Inkasso-Mitarbeiter der Stadtwerke kam, ich erklärte ihm, ich würde am Nachmittag zahlen und er dürfe gern derweil meinen Zähler sperren. Das tat der freundliche Herr und im Mietshaus mit Laden und weiteren zwei Mietparteien gingen nahezu alle Lichter aus. Kabel-TV, Keller, Treppenhaus, Boden, Wohnungsteile, Ladenteile, Außenbeleuchtung usw. usw., alles lief über meinen Zähler.

Der Protest der anderen Mieter war grausam und der Vermieter sehr böse auf mich. Der Hauselektriker mußte kommen, ich bezahlte meine Rechnung und fuhr zu meiner damaligen Freundin in die Schweiz. Als ich wiederkam, war ich erneut stromlos. Der Vermieter hatte eigenhändig meinen Zähler vom Stromnetz getrennt und ich war stromtot.

Der Terror und die Auseinandersetzungen gingen nun fast täglich ihren Gang und ich fragte ihn irgendwann, ob er für seinen dritten Herzinfarkt einen Schuldigen suche. Ich könne ihm da gern behilflich werden und mich den ganzen Tag mit ihm beschäftigen. Nach der dritten falschen Nebenkostenabrechnung mit rund 400 Euro zu seinen Gunsten habe ich dann eine neue Wohnung gesucht.

Inzwischen lernte ich Schatz kennen und die Gegend, in der sie wohnt, war nciht die Schlechteste. Also suchte ich und fand. Meine Luxuswohnung mit Terroristeneinlage habe ich fristlos gekündigt und die Abzockerforderungen in den Wind geschossen. Ich wurde nicht verklagt, was wohl Einsicht oder eine gute Beratung durch einen intelligenten Anwalt bedeuten sollte.

Der umzug nach Schwelm war mühsam, doch nun wohne ich im dritten Obergeschoß auf gut 70 Quadratmetern und in 3 Zimmer mit Küche und Bad. Die Wohnung ist nicht schön, aber eben eine Wohnung und sie wird beileibe nicht meine letzte Behausung sein.

Ich träume von einem netten Objekt in aller Ruhe und gern auch etwas älter. Der Knüller wäre im Alter ein Resthof oder Ähnliches, in dem sich Menschen zusammentun, um dort gemeinsam und doch für sich, leben, arbeiten, gestalten und wirken können. Füreinander und miteinander und doch auch, ohne sich zu erdrücken.

Aber noch ist Zeit und ich kann mir derzeit auch vorstellen, in einer ganz normalen Wohnung in einem ganz normalen Mietshaus einer Wohnungsgesellschaft zu wohnen.

Mal schauen, was das Leben noch so bringt.

Gefragt hatte Frau … äh … Mutti 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert