Hartz IV und der Haushalt

Mit Schreiben vom 29.03.2005 teilt mir die AOK, bei der ich seit Jahren versichert bin freundlich mit, daß ich von der Arbeitsagentur per 31.12.2004 bei der Krankenkasse abgemeldet bin.

Nach Überprüfung meines Bescheides über das Arbeitslosengeld II und nach mühevoller Rücksprache mit der Arbeitsagentur stelle ich fest, daß ich per 01.01.2005 irrtümlich familienversichert sein soll. Bei der DAK, der Krankenkasse meiner Ex-Frau, die ebenfalls Alg II bekommt. Die DAK hat sich aber bislang nicht gemeldet, daß ich dort versichert bin, geschweige denn habe ich für mein Kind und mich eine Krankenversicherungskarte.

So weise ich also die zuständige JobAgentur auf den Fehler hin und erhalte einen Änderungsbescheid, wonach man mich nachträglich bei der AOK versichert. Allerdings lediglich ab einen Tag nach dem Scheidungsdatum, dem 21.01.2005. Die Zeit vom 01.01.2005 bis 20.01.2005 bin ich demnach nicht versichert zum Arzt gegangen und habe mir seine Leistungen erschlichen, was ein Straftatbestand ist, wenn der Doktor das anzeigt.

Die Folge ist nun also ein erneuter Widerspruch und nun mein Gedanke an die bundesweite Auswirkung dieses Handelns.

Wir haben lt. Financial Time Deutschland derzeit rund 2,9 Millionen Haushalte, die Alg II empfangen. Angenommen, solch ein Fehler ist „nur“ bei 10 Prozent aller betroffenen Haushalte geschehen, dann sind ca. 290.000 Haushalte direkt nicht versichert worden.

Hierbei geht es nicht nur um die Krankenversicherung, sondern auch um die Rentenversicherung. Abgesehen von den Problemen mit Arztrechnungen, die jetzt in unglaublicher Fülle auf die Empfänger einströmen werden, sind jetzt in der Rentenversicherung erhebliche ungeklärte Zeiten vorhanden, die in 20 Jahren niemand mehr erklären werden kann.

Zurück zu den 290.000 Haushalten: Der KV / RV-Beitrag beträgt etwa 139 € monatlich, das entspricht einer Summe von 417 € für das erste Quartal 2005. Dieses Geld wurde nun nicht an die berechtigten Empfänger, der Renten- und der Krankenversicherung, ausgezahlt, sondern ist bei den JobAgenturen bzw. den Arbeitsagenturen verblieben. Es handelt sich um eine vorsichtig geschätzte Summe von 120.930.000 € (in Worten: Einhundertzwanzig Millionen neunhundertdreißigtausend Euro) für das erste Quartal 2005.

Nun muß man wissen, daß die Leiter/innen aller öffentlichen Kassen gehalten sind, jegliches Guthaben in ihren Haushalten per Tagesgeld anzulegen, um einen guten Zinsgewinn zu machen. Wenn wir, vorsichtig geschätzt, bei einer Tagegeld-Verzinsung von 4,5 Prozent ausgehen, dann wurden den öffentlichen Haushalten ein Zinsgewinn von rund 1.360.463 € gutgeschrieben.

Ebenso muß man wissen, daß selbst bei einer Nachversicherung seitens der Renten- und Krankenversicherungen keinerlei Säumniszuschläge oder Zinsverluste gegenüber den fehlerhaft handelnden Behörden geltend gemacht werden dürfen und können. Somit bleibt in jedem Falle der Zinsgewinn bei den AlgII-Auszahlern.

Das Geld, das Arbeitslose aufgrund ihres Unwissens nicht geltend machen, ist hierbei dann auch weiterhin bei den Behörden im wahrsten Sinne des Wortes gut angelegt.

Folgende Risiken bei der obigen Berechnung will ich noch benennen:

  • Die Zahl 10 Prozent ist geschätzt, sie liegt unter Umständen wesentlich höher.
  • Der Betrag zur Krankenversicherung und Rentenversicherung liegt in den meisten Fällen erheblich höher.
  • Die Dauer bis zum Entdecken der Nichtversicherung ist abhängig von der Reaktionszeit der bisherigen Versicherung und dem Verständnis über die Zusammenhänge bei dem AlgII-Empfängern (vermutlich bin ich ein sehr „schneller“ Fall)
  • Die Verzinsung von Tagegeldern ist abhängig von den ausgehandelten Konditionen, die nach meiner Erfahrung oft sehr viel besser ausfallen.
Fazit: Ich suche jetzt einen Job, bei dem man durch Pflichtvergessenheit Geld verdienen kann und von seinem Chef öffentlich verteidigt und gelobt wird.

 

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